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Aug 2016Junges Team, großer Ehrgeiz, verhaltene Ziele – Interview mit Marcus Potthoff
Der Trainer lobt seine Führungsspielerinnen und das rührige Umfeld
Oesbern. Nach einer überragenden Bezirksliga-Saison mit dem souveränen Titelgewinn in der Staffel 4 „stürzen“ sich die Fußballerinnen des SV Oesbern ab Sonntag in das Abenteuer „Landesliga“.
Die WP-Sportredaktion sprach mit Erfolgstrainer Marcus Potthoff über die bevorstehende Spielzeit, die mit dem Auswärtsspiel bei SpVg. Berghofen II beginnt, seine junge Mannschaft und die Chancen auf den Klassenerhalt.
Frage: Als wie groß würden Sie den Sprung von der Bezirksliga in die Landesliga beschreiben?
Marcus Potthoff:
Als großen Sprung, denn ich habe aufgrund von unseren Testspielen und Beo-bachtungen gesehen, dass die Mannschaften taktisch gut geschult und körperlich fit sind. Der größte Unterschied liegt aus meiner Sicht allerdings in der körperbetonten Spielweise. In der Landesliga zieht kaum noch eine den Kopf ein.
Wie gut ist die Mannschaft auf die Saison vorbereitet?
Wir haben alles getan, was wir tun konnten, haben viel Freizeit geopfert und in den letzten sieben Wochen vier- bis fünfmal pro Woche trainiert. Und wir haben die meisten Testspiele unserer Liga absolviert. Unsere Trainingsbeteiligung ist sehr gut, die Mädels nehmen alles an und geben wirklich immer ihr Bestes.
Ist der Kader groß genug für eine lange und anstrengende Saison?
Ja, im Moment haben wir einen 20-er Kader inklusive zwei Torfrauen. Wenn wir vom Verletzungspech – wie wir es in der letzten Saison hatten – diesmal verschont bleiben, reicht das absolut. Der große Vorteil in Oesbern ist außerdem, dass wir über drei Damen-Mannschaften verfügen und hier einen super Zusammenhalt haben. Wir tauschen uns als Trainer ständig aus und haben in unserer Zweiten viele gute und junge Spielerinnen sowie in der Dritten erfahrene, ehemalige Landesliga-Spielerinnen, von denen in der Vergangenheit niemand ‘nein’ gesagt hat, wenn ihre Hilfe erforderlich wurde.
Was sind die besonderen Stärken?
Eigentlich unser Fleiß und dazu kommen mit Athanasia Skoupra, Lisa Oelke, Dana Rennebaum und Kamlah Alakmeh Spielerinnen, um die uns jeder Trainer beneidet. Die Bescheidenheit meiner Führungsspielerinnen und das Integrieren neuer Leute ist einfach unglaublich. Auch der Ehrgeiz der jungen Spielerinnen und der Ergänzungsspielerinnen ist wirklich beeindruckend.
Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?
Im spielerischen Bereich, taktische Abläufe zu verstehen, unter Druck Ruhe zu bewahren. Viele Dinge, die im Training gut funktionieren, gehen sonntags nicht, weil wir zu angespannt sind. Ich glaube das liegt auch am Alter der meisten Spielerinnen, denn wir haben eine sehr junge Mannschaft – mit drei, vier Ausnahmen. Körperliche Robustheit ist ein großes Defizit bei uns, was uns die meisten Kopfschmerzen bereitet.
Welchen Einfluss hat das Trainerteam auf das Abschneiden?
Ich möchte nicht über mich selbst und meine Kollegen Mario Gersdorf und Mario Schoo reden – das widerstrebt mir. Es ist bei uns wie in jeder anderen Fußballmannschaft – der beziehungsweise die Trainer sind nur ein Teil vom Ganzen.
Wie wichtig ist das Umfeld mit Matthias Schneider und Jutta Alakmeh für die Mannschaft?
Zu Matthias Schneider: Ich er ist sehr wichtig. Matthias gibt der Mannschaft durch sein großes Interesse das Gefühl, wichtig zu sein. Ich glaube, wenn ich mich bei meinen Trainerkollegen im Frauenfußball umschaue, hört man sehr oft von Einzelkämpfern, die Trainer, Betreuer und sportlicher Leiter in Personalunion sind, weil der Vorstand sagt: Wenn du ein bisschen Damenfußball möchtest, dann mach’ das, aber lasse uns in Ruhe. Das ist beim SVÖ ganz anders. Hier hat man die Unterstützung vom Vorsitzenden bis zum sportlichen Leiter. Das merkt die Mannschaft in jeder Situation, denn Matthias Schneider weiß über alles Bescheid. Zu Jutta Alakmeh: Sie ist absolut zuverlässig, für Jeden immer da, ob auf oder neben dem Platz. Sie ist sich für nichts zu schade und hilft mit ihrer jahrelangen Erfahrung als Arzthelferin auch bei kleineren Wehwehchen. Sie ist eine sehr wichtige Person für die Spielerinnen und uns Trainer, weil man im Damenfußball natürlich jemanden braucht, der in die Kabine geht und gehen darf. Es ist eben wichtig, in einer Damen-Mannschaft einen weiblicher Betreuer zu haben.
Gibt es noch weitere Leute, die Sie nicht missen möchten?
Alex Höhle darf man nicht vergessen. Sie ist für die Mannschaft auf den ersten Blick nicht so wichtig, aber für uns als Trainer. umso mehr Sie erledigt alles im Umfeld, was mit Organisation zu tun hat. Leider ist uns Theo Hempelmann als Betreuer von Matthias Schneider abgeworben worden und ist jetzt als zweiter sportlicher Leiter zur Unterstützung von Matthias da. Was schade, aber richtig ist – denn wichtig ist, dass das Umfeld funktioniert.
Der Klassenerhalt als Ziel – ist das nicht ein wenig tiefgestapelt?
Wir haben eine sehr gute Zeit hinter uns. Viele der Spielerinnen sind noch sehr jung und haben bisher in der Zweiten gespielt, daher müssen wir uns etwas Zeit lassen mit höheren Zielen. Wir haben außer Romina Lützen niemanden von außerhalb geholt. Mit Laura Hartmann (Schwangerschaft) ist eine unserer besten Spielerinnen nach einem Jahr wieder zurück und mit den vielen Spielerinnen aus der Jugend haben wir uns auf jeden Fall verstärkt. Um solche talentierten Spielerinnen kann man uns schon beneiden. Es wäre im Moment falsch mit dem Druck, den wir letztes Jahr vorgegeben haben (Aufstieg ist Pflicht), in diese Saison mit den vielen Neuheiten und der ungewohnten Umgebung zu starten. Wir wollen jedes Spiel gewinnen und hoffen, dass genügend Punkte und Erfahrungen hierbei gesammelt werden können und wir uns an die Liga gewöhnen.
Wo sehen Sie den SVÖ mit seinen hervorragenden Möglichkeiten zukünftig – vielleicht in fünf Jahren?
Hervorragende Möglichkeiten? Wir haben sieben Senioren-Mannschaften in Oesbern. Wir sind meiner Meinung nach mit 500 Mitgliedern einer der größten Vereine im Stadtgebiet. Unsere Trainingsmöglichkeiten sind aber sehr beschränkt. Die Vorstandsleute machen einen super Job, allerdings im Gegensatz zu den Mitgliedern wächst man hier natürlich langsamer. Ich glaube, der Erfolg und die „guten Möglichkeiten“ sind beim SVÖ ganz fleißige Malocher, die kaum erwähnt werden und sehr hart arbeiten. Auf deren Motivation und Ehrgeiz wird es auch in Zukunft ankommen, ob man sich sportlich weiter entwickelt oder ob die Landesliga das ist, was man in Oesbern in der Lage ist zu spielen.
Wenn Sie drei (sportliche) Wünsche frei hätten, welche wären das?
Erstens: Dass meine Mannschaft einen taktisch klugen und sicheren Fußball spielt. Zweitens: Dass wir in dieser Saison genug Punkte sammeln, um unser Ziel zu erreichen. Drittens: Dass die zweite Mannschaft eine gute Saison spielt.